Geschichte und Geschichten

Entdeckungen in Angermünde und bei Ehm Welk

Angermünde entstand im Mittelalter an einer belebten Straße. Menschen aus nah und fern kamen auf den Markt und erzählten sich Geschichten. Manchmal wurde aus solchen Geschichten bleibende Literatur. So erzählt eine mittelalterliche Ballade von Ketzer-Angermünde. Später machte ein Literaturprofessor aus Schmiedeberg das Nibelungenlied populär und ein Gelehrter aus Stolpe an der Oder schrieb über seine geologischen Forschungen in aller Welt.

Als hier die Eisenbahn gebaut wurde, eine der ersten in Preußen, ergaben sich neue Chancen und neue Geschichten. Der Vater des Schriftstellers Ehm Welk knüpfte seine Träume an die neue Technik und verließ seine Heimat in  Lübbenau im Spreewald, um Tischler zu werden. Er wollte ausbrechen aus der Welt der Bauern. Am Ende lebte er in Biesenbrow bei Angermünde und wurde wieder Bauer. Mit leiser Melancholie nannte sein Sohn den Ort Kummerow.

Geschichte und Geschichten – unsere Ausstellung zeigt große und kleine Verknüpfungen.

begleitheft zur dauerausstellung

Mit unserem Begleitheft zur Dauerausstellung können Sie Ihren Rundgang durch die Ausstellungsräume  mit Zitaten von Ehm-Welk, Hintergrundinformationen und Erläuterungen zu den Ausstellungsgegenständen bereichern. Sie haben die Möglichkeit, das Begleitheft vor Ort an der Museumskasse zu erwerben oder hier kostenlos als pdf-Dokument herzunterzuladen.

Die Begleithefte gibt es in den Sprachen Deutsch, Englisch und Polnisch (pdf, 2,5 MB):

Die Audiodateien der Hörstationen finden Sie hier.

Räume und der Dauerausstellung

Raum 1 – Ehm Welk

Als Landwirt auf dem literarischen Feld

Ehm Welk ist vor allem als Autor von Dorfgeschichten bekannt, mit denen er seiner uckermärkischen Heimat ein Denkmal setzte. Der Blick in das »Hinterland« des Dichters zeigt ein Bild mit vielen weiteren Farben. Die Sprache der slawisch deutschen Grenzlandschaft hat sich sogar in seinen Familiennamen eingeschrieben. Der niedersorbische Familienname Wjelk bedeutet auf Deutsch Wolf.

Große Erfolge hatte Welk in den 1920er Jahren als Journalist. In der Großstadt Berlin etablierte er sich als Experte für ländliches Leben und wurde gut bezahlter Redakteur der Grünen Post des Ullstein-Verlages.
Ehm Welk war zutiefst überzeugt, dass durch Bildung das bäuerliche Leben verbessert werden
kann. Folgerichtig gehörte die Arbeit seiner späten Jahre der Volkshochschule.

Raum 2 – Fernes Leuchten

Die alten Dinge

Oft gelangen Gegenstände ins Museum, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Solche Objekte können Erinnerungen an untergegangene Verhältnisse bewahren. Die Alltagswelt der Bürger und Bauern erlebte vor über einhundert Jahren einen großen Umbruch: die Industrialisierung. Schornsteine und Eisenbahnen prägten nun die Landschaft und Maschinen ersetzten auch in den Dörfern zunehmend die Handarbeit.
Vieles, was über Generationen den Alltag bestimmt hatte, gehörte plötzlich zum »alten Eisen«.

Die Werke von Ehm Welk dokumentieren die Spuren dieser Veränderungen auch in der Seele der Menschen:
»Großvater Grambauer … meinte, daß es mit dem Handwerk zu Ende ginge. Er haßte Fabriken, aber nicht, weil sie ihm Arbeit wegnahmen, sondern weil sie Schund machten und die edle Kunst des Webens aus dem Ansehen brachten«.

Raum 3 – Heiden

Geheimnisse überall

Am Ursprung einer Sammlung oder eines Museums stehen oft merkwürdige Dinge. Sie erzählen sehr unterschiedliche Geschichten. Dabei ist vieles nur noch sehr schwer zu deuten.

In diese Lücke springt gerne die Phantasie. Aus solchen Legenden kann auch der Stoff für Romane und Erzählungen gewonnen werden. Rätselhaftes und Verwunschenes begleitet auch die dörfliche Welt der Heiden von Kummerow.

In dem Roman von Ehm Welk hat das Heidentum noch eine weitere Funktion. Es soll der Religion einen Spiegel vorhalten. Aus der Sicht des Autors ist es oft die Kirche im Dorf, die den Herrschenden hilft, Ängste ihrer Untertanen auszunutzen. Und sie macht Gewinn dabei. Darüber sagt eine Romanfigur zynisch: »… eine Umfrage ergäbe, daß alle Priester aller Religionen als Kinder am liebsten Kaufmann gespielt haben.«

Raum 4 – Mein Land

Die Chroniken von Orplid

Orte der Sehnsucht spielen in der Literatur ebenso wie im Museum eine große Rolle. Sie können in entfernten Räumen liegen, aber auch in anderen Zeiten. Für Ehm Welk fließt in Mein Land, das ferne leuchtet beides zusammen. Geschichte und Landschaft werden eins. Der inzwischen fast siebzigjährige Dichter schaut dabei auf den Knaben Martin Grambauer, der er einst selbst war.
Dieser Knabe träumt von Orplid, einem Phantasieland des schwäbischen Dichters und Pfarrers Eduard Mörike. Der Traum verschwimmt mit dem  Namen Bimini, einer Karibikinsel, die Heinrich Heine als Ort der Sehnsucht kurz vor seinem Tode besungen hat.
Von Martin Grambauer wird Historisches ebenso wie Erträumtes in einem bunten Reigen auf eine Insel im Schwarzen See projiziert. So erfindet er Die Überlieferung des Landes Orplid.

Raum 5 – Ruf der Ferne

Die Kinder auf Wanderung

Die Völkerwanderung ist im Heiden-Roman von Ehm Welk eine Schlüsselszene. Die Kinder haben immer wieder von ihrem Lehrer von diesem Aufbruch der Germanen in die unbekannte Ferne gehört. Auch zu Hause liest der junge Martin weiter. So brechen die Kinder im Roman auf, halb von Erzählungen über Heldentum getrieben, halb aus purer Neugier auf die Ferne.

Aus der Sammlung des Museums werden Objekte vorgestellt, die ebenfalls Wanderungen hinter sich haben. Das Material einer über 4.500 Jahre alten Steinaxt kommt aus dem heutigen Thüringen. Gegenstände aus der Bronzezeit, über 3.000 Jahre alt, zeigen Kontakte bis zum Mittelmeer. Raubgut aus dem Dreißigjährigen Krieg, etwa 400 Jahre alt, wurde in einem See bei Groß Ziethen versenkt.

Hinter den Gegenständen stehen Geschichten von Menschen, die nie aufgeschrieben wurden.

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